Frische Zürcher- Neuigkeit: Züri-Wiesn: «Wie Sechseläuten in Chemnitz»

Fundierter Bericht, das Lesen lohnt sich.

München imitiert die Zürcher Tradition «Oktoberfest».

München imitiert die Zürcher Tradition «Oktoberfest».

Das Oktoberfest nervt. Nicht nur wegen der vielen Leute die einen ohne Unterlass zu einem Gang ins Mass- und Haxenzelt zu nötigen versuchen, sondern auch wegen denen, die nicht müde werden zu betonen, dass es nervt. Zugegeben: Im Rahmen dieses Textes wohnt dieser Aussage reichlich viel Ironie und Selbstkritik inne, aber es nervt halt tatsächlich, und zwar sehr.

Für Zürich-Ankommer beginnt die Nerverei in doppeltem Blau/Weiss bereits im Hauptbahnhof. Hier steht in der Halle das gigantische Züri-Wiesn-Zelt, in diesem Jahr mit einem festlichen «10 Jahre»-Aufkleber versehen (an dieser Stelle herzliche Gratulation zum Jubiläum, mögen es keine weiteren zehn Jahre werden).

Da steht er nun, der Zugreisende, und ist irritiert: «Da steht zwar Züri, aber die Wiesn ist doch in München … Bin ich zu weit gefahren?» Also zückt er zwecks Klärung der geografischen Sachlage das Smartphone und geht auf Zuerich.com, die Seite von Zürich Tourismus. Wenn er Pech hat, landet er dort auf dem temporär aufgeschalteten Oktoberfestspecial: «Oktoberfest in Zürich – Nicht nur in München eine Tradition».

Doch, lieber Webverantwortlicher von Zürich Tourismus: Das Oktoberfest ist NUR in München eine Tradition. Hier ist beispielsweise das Knabenschiessen eine Tradition, aber bestimmt nicht das Oktoberfest. Oder wie es die Werbe-Legende Andy Hostettler in einem Facebook-Kommentar treffend formuliert: «Das ist wie Sechseläuten in Chemnitz.»

Unser Tourist sagt sich jedoch, wenn er schon mal hier ist, könne er sich ja ein bisschen über die Züri-Wiesn informieren, und schnappt sich eine Festzeitschrift. Dort prangen ihm als Erstes die Brüste von Antonia, dem weiblichen Ableger von DJ Ötzi, entgegen, der einzigen Frau der Welt, von der man nur den im Dirndl hochgezurrten Vorbau kennt und sonst nichts. Antonia hat von den Züri-Wiesn-Zeitungsmachern eine grosszügige Fotostrecke erhalten, in der sie die neusten Trends der Dirndlmode präsentieren darf.

Zudem darf in diesem Blatt ein grimmig dreinblickender «Platzhirsch» (ganz bestimmt kein Zwölfender…) namens Pino seine besten Aufreisser-Sprüche zum Besten geben: «Hej Baby, ich will nur das Beste für mich und das Beste für mich könntest Du sein». Oder «Wenn Schönheit Musik wäre, wärst Du ein ganzes Blasorchester». Ebenfalls toll: «An deinen Haxen will ich mich satt essen». Wow… Wow! Wo haben die Züri-Wiesigen ihren Humor her? Vom Pointen-Grabbeltisch für zurückgebliebene Sexisten?

Einen groben Stimmungsdämpfer hält die Züri-Wiesn-Zeitung aber bis zuletzt in der Hinterhand, um ihn dem Leser dann mit Schmackes aufs Gemüt zu hauen: Ein Interview mit TV-Moderator Marco Fritsche unter dem Schenkelklopftitel «Ich bin keine ‹Jungfrau› mehr». Fritsche war mal sehr, sehr lässig (ist er privat vermutlich immer noch), dann wurde er das Gesicht von «Bauer, ledig, sucht …». Nun erledigt er für die Züri-Wiesn den Anstich und teilt sich seinen Platz im Festblatt mit Antonia und Pino.

Yep: Nur damit sich Zürich-Ankommer erst mal an Antonias Brüsten und Schlagermucke vorbeiquetschen müssen, hat Niki de Saint Phalle ihren prächtigen Engel für diese schöne Halle geschaffen.

Alex-Flach2-150x150 (1)Alex Flach ist Kolumnist beim «Tages-Anzeiger» und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft

Der Beitrag Züri-Wiesn: «Wie Sechseläuten in Chemnitz» erschien zuerst auf Stadtblog.


Hier: ZUM INTERESSANTEN ORIGINALBERICHT Züri-Wiesn: «Wie Sechseläuten in Chemnitz»

http://blog.tagesanzeiger.ch/stadtblog/2016/09/26/zueri-wiesn-wie-sechselaeuten-chemnitz/Züri-Wiesn: «Wie Sechseläuten in Chemnitz»

Der Artikel beleuchtet dieses topaktuelle Thema aus einem interessanten Blickwinkel. Spannend!

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